Im März 2015 hatte unser Leistungskurs Geschichte im Rahmen eines Programms des Ernst-Bloch-Zentrums die Möglichkeit ein Gespräch mit der Zeitzeugin Hannelore Binzer zu führen. Nachdem zwei Zeitzeugen aus der Ukraine ihre Erlebnisse berichtet hatten, fand sich unser Kurs mit Frau Binzer in einem separaten Raum zusammen.
Die anfängliche  Anspannung löste sich schnell und alle hörten aufmerksam dem Bericht der Zeitzeugin über ihr Leben und die Zeit im Konzentrationslager zu. Unterstützt wurden ihre Erzählungen durch eine Power-Point, in der sie uns u.a. Bilder von alten Freundinnen und ihrer Familie, aber auch dem Judenhaus zeigte, in dem sie wohnte. Angesichts der Bilder und einem Film wurde uns deutlich wie real diese Ereignisse wirklich waren und welch grausame Ereignisse in dem heute so friedlichen Deutschland stattgefunden haben. Auch stellten sich viele von uns die Frage wie die Juden, aber auch die anderen Menschen im Konzentrationslager unter solch grausamen Zuständen überhaupt überleben konnten.

Doch eine Erzählung von Frau Binzer war für den Kurs besonders einprägend:  Sie berichtete uns über ein Erlebnis, das stattfand als der Propagandafilm über Theresienstadt gedreht werden sollte. Frau Binzer, die zu ihrer Zeit im Konzentrationslager noch ein Kind war, bekam von den Aufsehern gesagt, dass sie in dem Film die Rolle eines Mädchens habe, das ein Eis isst. Das junge Mädchen, das schon lange Zeit kein Eis mehr gegessen hatte freute sich zunächst  sehr über diese Möglichkeit.  Doch als der Film letztendlich gedreht wurde, bekam sie nur einen leeren Eisbecher vor sich gestellt. Ihre Enttäuschung, über die sie uns berichtete blieb lange in unseren Köpfen.
Doch war es auch erstaunlich, an wie viel sich Frau Binzer noch erinnern konnte, obwohl sie die Zeit im Lager als Kind erlebte. Auch hier wird wieder bewusst wie prägend diese Erlebnisse für die Gefangenen waren. So war es auch sehr spannend zu erfahren, wie Frau Binzer mit der Zeit im Lager heute noch  versucht umzugehen. Doch erfreulicherweise konnten wir Frau Binzer als eine sehr optimistische und gefestigte Frau kennenlernen, die bereit war ihre Erlebnisse mit uns zu teilen und damit das Programm „Zeugen der Zeitzeugen“ zu unterstützen.
Es entwickelte sich, nachdem sie uns ihre Erlebnisse berichtet hatte, eine sehr interessante Fragerunde, in der sie uns auch die persönlichste Frage offenkundig beantwortete. Wie sagte sie schließlich zu uns? „Nein nein, mir ist keine Frage zu persönlich!“ So trauten wir Schüler uns auch Fragen über ihre Einstellungen zu politischen Ereignissen oder Entwicklungen in der heutigen Zeit und über ihre Gefühle zu stellen. In diesem Zusammenhang berichtete sie uns beispielsweise auch, wie sie sich fühlte als sie im Lager krank und so von ihren Eltern getrennt wurde oder, dass sie es bereut mit ihren Eltern nie über die Zeit im Lager gesprochen zu haben. Doch wir erfuhren auch, welches Glück die Familie hatte trotz der Kriegsverletzung des Vaters gemeinsam das Lager zu überleben. Auch angesichts der Tatsache wie viele Menschen im Umfeld von Frau Binzer das Lager nicht überlebt hatten, wurde uns bewusst welch glück die Familie in all dieser Grausamkeit und in all dem Leid hatte.

Doch ist letztendlich festzuhalten welch einprägendes Erlebnis das Gespräch war, in dem uns Schülern bewusst wurde, dass der Nationalsozialismus, der Antisemitismus und vor allem der Holocaust nicht nur weit entfernte historische Ereignisse sind und heute noch Menschen mit den Folgen eben dieser Erlebnisse zu kämpfen haben. Diese Zeit war ein grausames geschichtliches Ereignis und sollte nicht mehr als dieses werden. Solch ein Ereignis sollte nie wieder passieren, dazu sollten die Zeitzeugengespräche jeden einzelnen aufrufen!
Unser Leistungskurs ist Frau Binzer sehr dankbar für ihre Offenheit und ihren Mut über ihr Schicksal zu berichten. Auch sind wir dankbar, dass sie uns ohne zu zögern jede Frage beantwortete und selbst auch Rückfragen an uns stellte, sodass sich für uns ein sehr interessantes Gespräch entwickelte. Dieses Gespräch ist sicherlich jedem von uns noch einige Zeit im Kopf geblieben.


DANKE, Frau Binzer